Unfuck Dresscodes – zeige dich mutig und authentisch
Vergiss‘ die graue Hose oder den blauen Pencil Skirt. Nix Blazer, Tie-Break – Mood Enhancement Dressing wird zum neuen Life-Style-Power-Feeling.
Vor einiger Zeit hatte ich mit einer HR-Verantwortlichen zu tun, die mir voller Stolz erzählte, dass sie ihre Biz-Outfits bei einem bekannten und teuren Schneider in der City maßanfertigen lasse. Ich (und alle anderen Betrachtenden) sollte wohl tiefbeeindruckt und ehrfurchtsvoll ob solch taktisch durchdachter und teurer Kleidung sein. War ich aber (natürlich) nicht. Weil sich diese Person vor allem über solche und weitere Äußerlichkeiten positionierte und sich damit bewusst gegenüber Mitarbeiter: innen abgrenzte, Distanz schaffte. Unnötig und unvorteilhaft– für das Unternehmen. Selbst in zig Bewerbungs-Ratgebern, welche Kleidung für ein Job-Interview gewählt werden sollte, wird immer das gleiche empfohlen – Standard-Uniform: Anzug oder Kostüm in unauffälligem Mausgrau oder Ich-kann-nichts-falsch-machen-Blau. Bloß nicht von der Norm abweichen, lieber mit dem Strom schwimmen – obwohl das bekanntlich nur tote Fische tun.
Es gibt zahlreiche Beispiele von Unternehmen, in denen sich die Konformität der Mitarbeitenden auch in Shades of Grey und Blue äußert. Die Gefahr: Wenig Innovations-Power und Nieten in Nadelstreifen…? Nichts gegen ein gepflegtes Auftreten – im Gegenteil. Menschen sollten, was auch immer sie als Bekleidung wählen, im Einklang mit ihrer Persönlichkeit und Grandezza tragen. Keine Show-off-Attitüden, bitte. Der wichtige Aspekt: Jeder sollte so authentisch sein, auftreten und sich wohlfühlen (dürfen) wie es zu ihm passt – dazu gehört auch die individuell präferierte Kleidung. Zugegeben ist es von der Selbstorganisationsfähigkeit aber auch von der persönlichen Reife abhängig, wie weit man vom üblichen Muster abweichen kann und will.

Zu Hause tragen wir, was wir wollen – und Untersuchungen zeigen, dass auch unsere Effektivität und Authentizität in der Arbeit davon profitiert.
Nach der Pandemie könnte sich die Art und Weise, wie wir uns am Arbeitsplatz kleiden, ändern Dress-Doctor, Dr. Dawnn Karen, Modepsychologin und Autorin sowie Kolumnistin für die „London Times“ und die „New York Times“, hat sich mit einer neuen Studie (von Klarna, 2021) zum Thema Bekleidung auseinandergesetzt. „Im Home-Office haben wir lange Zeit ohne äußerliche Fashion-Vorschriften oder Bewertung unserer Outfits durch andere gelebt“, sagt die auch als Fashion-Flüsterin bezeichnete Lady und führt aus:“ Die vergangenen Monate haben unsere Beziehung zu unserer Kleidung gestärkt. Wir haben genau das getragen, was wir tragen wollten – und uns selbst das Okay dazu gegeben. Auf diese innere Bestätigung zu hören, anstatt sie von außen zu bekommen, hat die Beziehung zu uns selbst gestärkt.“ Die Dress-Doc nennt das Phänomen Mood Enhancement Dressing. „Durch die Kleidung, für die man sich je nach Stimmungslage entscheidet, wird der emotionale Zustand optimiert. Wir können Kleidung nutzen, um unser Selbstvertrauen zu stärken.“

Aktuell, weltweit bekanntes Role-Model wider Willen ist der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auch in dieser Beziehung. Als er neulich den US-Kongress via Videocall um mehr amerikanische Hilfe bat, konzentrierte sich die Reaktion des Investors Peter Schiff auf die Entscheidung des umkämpften Führers, bei seiner großen Rede ein T-Shirt zu tragen. Schiff, ein langjähriger Marktexperte und globaler Stratege für Euro Pacific Capital, meinte, es sei respektlos, in einem T-Shirt „zu erscheinen“. Er twitterte: „Ich verstehe, dass die Zeiten hart sind, aber besitzt der Präsident der #Ukraine nicht einen Anzug?“ Diese Reaktion zog umfangreiche Kritik und Spott in den sozialen Medien für Schiff nach sich.
Gina Scott Ligon, eine Expertin für Innovation und Führung sowie Direktor des National Counterterrorism Innovation, Technology and Education Center an der Universität von Nebraska bei Omaha (US) sagt, Zelenskys Ansatz als Reaktion auf die russische Invasion in seinem Land – einschließlich seiner Tendenz, sich bei Reden per Video lässig zu kleiden – sollte von anderen Politkern und Leadern kopiert werden. „Im Moment gibt es unter den Menschen dieses Gefühl, Autoritätspersonen abzulehnen, seien es Medien oder Autoritätspersonen in Regierungen oder Unternehmensstrukturen“, sagte Ligon, als sie in der Sendung „On Point“ des National Public Radio das Thema ansprach. „Es fehlt an Vertrauen und es triggert einen Hunger nach Authentizität.“
Zelensky „greife“ dieses Gefühl auf, und man sähe es „daran, wie er sich kleidet und wie er ein Rundhals-T-Shirt trägt“, sagte sie.
Dieses Outfit gematched mit „einem prunkvollen Regierungsgebäude“ hinter ihm trägt dazu bei, Selenskyj „zum Antihelden und zum Anti-Regierungs-Hero“ zu machen, fügte Ligon hinzu. „Er pickt das heraus, worauf es für eine Vielzahl von Menschen ankommt. Auch deshalb hat er eine so starke Präsenz und bekommt in Europa und den USA Standing Ovations anlässlich seiner digitalen Auftritte. Und ehrlich gesagt täten andere Weltführer im Moment gut daran, mit ihm zu Co-branden – selbst auf die Gefahr hin, dass ich jetzt nahezu unternehmerisch klinge“, sagte Ligon, deren Center in Omaha vom U.S. Department of Homeland Security gesponsert wird.
Vergiss‘, dich für den Job zu kleiden, den du willst – kleide dich für die Umgebung, in der du dich befindest, sagt Erica Bailey, Doktorandin für Organisationsverhalten an der Columbia University und Hauptautorin eines kürzlich erschienenen Artikels über Arbeitskleidung und Produktivität im Homeoffice. Anlässlich einer Untersuchung, ordneten Forscher Hunderten von Teilnehmern, allesamt Telearbeiter, verschiedene Kleidungsvarianten zu: formell, lässig oder „Zoom Vokuhila“ – Oben Biz, unten Joggingpants. Die Forscher bestätigten die Einhaltung der von den Teilnehmern ausgewählten Outfits durch Fotos und maßen die Wirkung der Kleidung durch Umfragen. Die große „Enthüllung“: Das Tragen von typischer Biz-Kleidung hat das Machtgefühl der Teilnehmer nicht durchgängig gesteigert. Das Anziehen von „Comfies“ während der Arbeit von zu Hause aus stärkte jedoch das Gefühl der Authentizität und des Engagements der Mitarbeiter, was darauf hindeutet, dass sie stärker auf ihre Aufgaben fokussiert und präsenter waren. Zurück im Büro fühlen sich viele Arbeitnehmer: innen oft gereizt, als ob sie eine Rolle spielen müssten.
Tech-Unternehmen haben das schon vor langer Zeit herausgefunden, sagt Richard Ford, Professor an der Stanford Law School und Autor eines Buches über Kleiderordnungen. Die Giganten des Silicon Valley locken schon seit langem potenzielle Talente mit reichhaltigen Buffets, On-Site-Salons und der Möglichkeit, alles in einem Tee (T-Shirt) oder Hoody zu tun. Wer hat noch mal gesagt, dass alle, die eine Jogginghose tragen, die Kontrolle über ihr Leben verloren haben …? On top gibt es den Nerd-Faktor der Silicon Valley-Stars und Sternchen, die nur mit Tees und Jeans bekleidet, die Welt erobern und Zukunft gestalten.
Die Art von Kleidung, die die Leute auf Zoom tragen, wird einfach als Berufskleidung verstanden. Coole Sweatshirts, Sneaker und eine Prise Athlet-Wear werden künftig im Büro akzeptiert, sagt Ford voraus. In Grenzen, das heißt Joggings, Jeggins & Co. seien noch immer ein No-Go. Und einige Chefs werden sich über die sich ändernden Normen ärgern. Die Mitarbeitenden wiederrum gaben zu, dass sie sich eher komisch fühlen, wenn sie für Präsentationen nicht in ein Jackett schlüpfen. Aber für die meisten ist es ein besonderer Nervenkitzel, die Kleiderordnung über Bord zu werfen.
„Viele Menschen verspüren diesen Hunger nach Authentizität und danach, Leader nicht in teuren Design-Anzügen oder -Kostümen zu sehen, mit sündhaft teuren Haarschnitten, gestylt von Star-Hairdressern. Stattdessen wollen sie jemanden haben, der nicht glattrasiert ist, vielmehr wie einer von ihnen aussieht, nahbar, mit den besten Eigenschaften das Volk zu repräsentieren.“, sagte Gina Scott Ligon NPR.
Zelensky, zuvor Schauspieler und Komiker, erhielt vor und nach seiner Rede stehende Ovationen von US-Abgeordneten. Seine Fähigkeit, effektiv zu kommunizieren und sein Volk zu sammeln, hat Analysten dazu veranlasst, ihn mit Winston Churchill, dem britischen Premierminister während des Zweiten Weltkriegs, zu vergleichen.
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