Teil 3: Warum Mad = Angry + Crazy + Dumb ist
Die körperliche und kognitive Auswirkungen der Wut
Ein Punkt, warum Wut – oder besser unkontrollierte, wahllose oder überschäumende Wut – so dumm macht, ist, dass sie so viel Energie verbraucht. Im wahrsten Sinne des Wortes raubt sie einem so viel Energie. Tiere sind tatsächlich viel smarter – sie sind darauf konditioniert, Energien zu bewahren, statt sie zu verschwenden. Wut ist das einzige Gefühl, das alle Organe und Muskelgruppen im Körper mobilisiert. Schließlich ist sie eine typische Reaktion auf etwas, das subjektiv als unmittelbare Bedrohung empfunden wird. Instinktiv beeilt sich der Körper also, dich darauf vorzubereiten, den (vermeintlichen) Feind anzugreifen – in der heutigen Gesellschaft allerdings weniger mit den Fäusten als mit den Stimmbändern.
Je länger der Organismus jedoch in diesem gesteigerten Erregungszustand verharrt, desto mehr fühlst du dich ausgelaugt, erschöpft und vielleicht sogar deprimiert. Wenn du Stress im Grunde als Abnutzung deines Systems verstehst, ist es nur logisch, dass der verstärkte Stress der Wut deine tödlichen körperlichen Ressourcen angreift. Und inzwischen gibt es zahlreiche Forschungsergebnisse, die belegen, dass chronisch wütende Menschen eine kürzere Lebenserwartung haben und dass sie anfälliger für eine Vielzahl von Krankheiten sind, weil sie ihr System regelmäßig überfordern. Wäre man sarkastisch, könnte man sagen, gut so.
Natürlich hat auch Wut einen Ursprung. So ist Wut oft ein Hinweis auf unerfüllte Bedürfnisse. Diese können sowohl physischer als auch psychischer Art sein. Sie beinhalten unter anderem das Bedürfnis nach Autonomie, Wertschätzung, Sicherheit und Zugehörigkeit. Selbst genetische Faktoren können eine Rolle bei der Tendenz zu Aggressionen spielen. Besonders Menschen, die als Kind traumatische Erfahrungen wie Gewalt oder Missbrauch erfahren haben, können – müssen aber nicht – aggressive Verhaltensweisen entwickeln. Hinter Wut kann immer auch ein Schmerz stecken. Wichtig ist, dass du deine Wut, am besten mit einem Experten, aufarbeitest.
Hier siehst du, was automatisch passiert, wenn deine Wut die Oberhand gewinnt:
1. Das sympathische Nervensystem wird aktiviert – die Nerven sind angespannt.
2. Die Herzfrequenz beschleunigt sich.
3. Der Blutdruck steigt; das Blut strömt in alle Muskeln.
4. Die Augen weiten sich.
5. Die Verdauung kommt zum Stillstand (die Nahrung im Magen wird entweder erbrochen oder mit hohen Dosen von Säure bestrahlt, um sie schnell zu verarbeiten. Der Körper bereitet sich auf den Kampf vor, ohne die Last eines vollen Magens zu tragen.
6. Botschaften von körperlichen Schmerzen werden blockiert, so dass wir trotz Verletzungen kämpfen können (was, wie man anmerken könnte, kaum klug ist, wenn die Bedrohung eher eingebildet als real ist).
7. Die Kehle wird stimuliert, die Stimme erklingt und erzeugt einen Drang zum Brüllen oder Schreien.
8. Ein negativer Energieschub wird im ganzen Körper erzeugt.
Dieser enorme Energieaufwand führt unweigerlich zu einem Absturz. Außerdem zerstört ein hohes Maß an Wut die T-Zellen und schwächt das Immunsystem. Und inzwischen gibt es eine Fülle von Studien, die schlecht kontrollierte Wut mit allen Arten von Schmerzen (insbesondere Kopfschmerzen) sowie Erkältungen und Grippe in Verbindung bringen – ganz zu schweigen von den erhöhten und weitaus ernsteren Risiken von Bluthochdruck, Schlaganfall, schweren Magen-Darm-Symptomen, koronarer Herzkrankheit und auch Krebs. Insbesondere erhöht ein chronisch hohes Maß an Ärger in Verbindung mit Beziehungsstress die Wahrscheinlichkeit, vor dem 50. Lebensjahr zu sterben, um das Fünffache.
Wer lächelt statt zu toben, ist immer der Stärke. Laotse
Es liegt also auf der Hand, dass je häufiger du wütend wirst und je höher dein Grad an Feindseligkeit (eine Art erstarrter, verkrampfter, einstellungsbedingter Wut) ist, desto mehr Leben wird aus dir „herauskatapultiert“. Infolgedessen verkürzt sich deine Lebensspanne. Noch einmal: Jeder, der die medizinischen Fakten kennt, muss erkennen, dass die gewohnheitsmäßige „Ausübung“ von Wut einfach dumm ist. Es ist einfach nur schädlich für dein körperliches Wohlbefinden.
Außerdem beeinträchtigt unkontrollierte Wut deine Fähigkeit, Informationen effektiv zu verarbeiten, und behindert so deine Performance und die Erledigung von Aufgaben. Wenn du wütend wirst, wird dein Denkvermögen erheblich beeinträchtigt und du wirst von der anstehenden Aufgabe abgelenkt. Wenn du wütend bist, fällt es dir schwerer, zuzuhören, Neues zu lernen oder Konflikte zu lösen.
Aber noch viel schlimmer ist der zwischenmenschliche Tribut den du zahlst, den häufige Verärgerung deinen sozialen Bindungen zufügen kann, insbesondere deinen engsten und wertvollsten Beziehungen. Dein besseres Urteilsvermögen steht nicht mehr zur Verfügung, weil du tief in deinem Inneren so viel Bedrohung und Verletzlichkeit erlebst.
Und so kannst du gar nicht anders, als auf der Grundlage uralter (furchtbar übertriebener) Überlebensprogramme zu reagieren. Da du nicht mehr in der Lage bist, klar zu denken – oder die verschiedenen Auswirkungen deines Verhaltens zu reflektieren -, wird deine intellektuell geschwächte Impulsivität dich wahrscheinlich weit mehr besiegen als irgendjemand anderes es könnte. Das heißt, dass dein wahrer Feind nicht wirklich von außen, sondern von innen kommt.
Wiederholte Wutausbrüche sind nicht nur irrational, sondern unter Umständen auch ein Indikator psychiatrischer Störungen. Sie wird häufig bei verschiedenen Persönlichkeits-, Verhaltens- und Impulskontrollstörungen, bei paranoider Schizophrenie und bei bestimmten organischen Hirnstörungen beobachtet. Was diese Wut pathologisch macht, ist, dass sie dysreguliert ist. Sie tritt auf, wenn der Betroffene nicht in der Lage ist, angemessene interne Kontrollen auszuüben.
Die Begriffe wütend, verrückt und dumm sind so komplementär, dass sie in gewisser Weise fast synonym sind. Wut macht sehr wenig Sinn, wenn es darum geht, das zu erreichen, was man vom Leben will. Sie ist wahrscheinlich eine der unaufgeklärtesten Emotionen, da sie dich letztlich eher unglücklich oder verbittert macht, als dass sie dir zu Zufriedenheit und Peace of mind verhilft. In gleicher Weise zeigen Verhaltensweisen, die routinemäßig als „verrückt“ eingestuft werden, eine eklatante Unlogik oder Irrationalität. Und Handlungen, die als „dumm“ wahrgenommen werden, spiegeln eine fast vorsätzliche Einfältigkeit, Kleinkariertheit oder Dummheit wider. Wenn „verrückt“ ein populärer Begriff ist, der dreifach verwendet werden kann, dann deshalb, weil er die sich negativ ergänzenden Merkmale dieser drei mentalen/emotionalen Zustände in sich vereint.
In der Wut verliert der Mensch seine Intelligenz. Dalai Lama
Je weniger Wut du mit dir herumträgst, desto gesünder und glücklicher kannst du sein … und desto harmonischer und befriedigender können deine Beziehungen sein.
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