Erkenne toxische Positivität, Lerne damit umzugehen und Hilf‘ anderen dabei, auch Bad Vibes zuzulassen
Jeder kennt sie, die „Alles gut“-Floskeler, die künstlichen Dauergrinser und die notorischen Gute-Laune-Bären. Ist das noch gesund oder schon zwanghaft?!
In schwierigen Zeiten Menschen zu einer positiven Einstellung zu drängen, stärkt nicht ihre Widerstandsfähigkeit. Es verleugnet ihre Realität. Menschen, die Probleme haben, brauchen nicht nur Good Vibes. Sie brauchen jemanden, die sie durch alle Tiefen hindurch begleitet und unterstützt. Stärke entsteht nicht durch erzwungenes Lächeln. Sie kommt aus dem Gefühl, unterstützt zu werden.
Daher lohnt es sich, Mechanismen wie die der toxischen Positivität genauer zu untersuchen. Sie beinhalten oft eine Taktik, die als Entwertung bekannt ist.
Unter toxischer Positivität versteht man das Vermeiden, Unterdrücken oder Ablehnen negativer Gefühle oder Erfahrungen. Dies kann in der Form geschehen, dass die eigenen Gefühle verleugnet werden und stattdessen auf positivem Denken bestanden wird.
Oberflächliche Positivität kann Kollegen, Freunde oder Familie entwerten.
Bei der Entwertung handelt es sich nicht unbedingt um einen absichtlichen, böswilligen Versuch, jemanden Schaden zuzufügen. Toxische Positivität ist lediglich eine gut getarnte Form der Entwertung.
Man könnte sagen, dass positive Absichten nicht immer positive Auswirkungen haben. Menschen, die die Gefühle anderer entkräften, glauben, dass ihre Bemühungen helfen – wie die Person, die sagt: „Mach dir keine Sorgen, du wirst schon was Neues finden“, wenn du nach einer Kündigung in Tränen aufgelöst bist.
Toxische Positivität beschreibt ein Verhaltensmuster. Der Begriff ist nicht unumstritten. Einige sind der Meinung, dass er so überstrapaziert werden kann, dass er die Resilienz untergräbt und die Pathologie fördert. Andere sehen die Gefahr, dass so eine gesunde Positivität abgeschwächt wird.
Manche Formen der künstlichen Positivität können auch aktiv Probleme verursachen. Wenn dir schon einmal jemand gesagt hat, dass „Glück eine Entscheidung ist“, kennst du vielleicht das Gefühl, der durch eine solche Bemerkung entsteht – die Scham und die Schuldgefühle, die du empfindest, wenn du negative Gefühle hast. Es ist schon schlimm genug, mit etwas fertig zu werden, das einen in den Keller zieht. Aber von einem Freund oder Kollegen gesagt zu bekommen, dass man stattdessen einfach das Glück einschalten kann, kann dazu führen, dass man sich für seine Gefühle verantwortlich macht und sich schrecklich fühlt.
Einfach nur zuzuhören kann hilfreich sein.
Es ist jedoch möglich, so zu kommunizieren, dass die künstliche, „giftige“ Positivität reduziert wird. Zuallererst: Wenn jemand versucht, dir etwas mitzuteilen, lass’ ihn ausreden – vor allem, wenn du gebeten wirst, zuzuhören. Versuche nicht, die negativen Gefühle sofort auszublenden. Lass’ die Person ausreden. Bemühe dich dabei anzuerkennen, dass die Person eine schwierige Zeit durchmacht. Das ist sowohl mit Worten als auch mit einem mitfühlenden Gesichtsausdruck und einem Nicken, während du zuhörst – kurz gesagt, mit Mitgefühl – möglich. Anzuerkennen, dass jemand unglücklich ist, ist nicht dasselbe, wie den Standpunkt des anderen zu unterstützen oder ihm zuzustimmen, dass er unglücklich sein sollte.
Wer sich auf toxische Positivität beschränkt, kann nicht an negativen Erfahrungen wachsen.
Konsequenzen, Beispiele, Anzeichen und Kontroversen
Negative Emotionen sind nicht immer einfach zu bewältigen, aber das heißt nicht, dass wir sie nicht empfinden sollten. Alle unsere Emotionen in vollem Umfang zu fühlen, ob positiv oder negativ, gehört zum Menschsein und lässt uns wachsen.
Emotionale Unterdrückung führt nicht nur dazu, dass das zugrunde liegende Problem nicht gelöst wird, sondern kann auch Schuldgefühle, Scham, Traurigkeit und Ängste hervorrufen. Es kann sogar nach hinten losgehen, indem unterdrückte Gefühle verstärkt werden.
Emotionen enthalten wichtige Informationen; sie können den Weg zu Veränderungen weisen, die zu Erfüllung, Glück und Sinn führen. Echter Gefühlsausdruck fördert die Authentizität, die ein wesentlicher Bestandteil einer aufrichtigen Kommunikation und des Wohlbefindens ist.
Beispiele für toxische Positivität
Toxische Positivität beruht darauf, dass die negativen Gefühle einer Person nicht anerkannt oder akzeptiert werden. Beispiele:
- Aussage: „Die Arbeit war in letzter Zeit sehr stressig.“ Antwort: „Du hast Glück, dass du überhaupt einen Job hast.“
- Stattdessen kannst du sagen: „ Es tut mir leid, dass du gerade stressige Zeiten durchmachen musst.“
- Aussage: „Ich glaube, mein Boss mag mich nicht “ Antwort: „Ach, das wird schon. Bleib’ einfach positiv.“
- Stattdessen kannst du sagen: „Kann ich irgendetwas für dich tun, um dich zu unterstützen?“
Wann wird Positivität toxisch?
Manchmal kann es schwierig sein, Positivität von toxischer Positivität zu unterscheiden. Wenn ein Freund zum Beispiel sagt: „Sieh es positiv“, will er deinen Kummer wahrscheinlich nicht ignorieren. Wenn jedoch jemand deine negativen Emotionen ständig zurückweist und dich in eine Richtung drängen will, kann toxische Positivität im Spiel sein.
Positives Denken ist in bestimmten Situationen nicht besonders hilfreich. Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass die Suche nach positiven Aspekten in unkontrollierbaren Situationen hilfreich, aber in Situationen, die man kontrollieren kann, schädlich ist. Die Verwendung von Positivität in Situationen, in denen die eigene Identität bedroht ist, wie z. B. bei rassistischer Unterdrückung, führt ebenfalls zu geringerem Wohlbefinden. Jemanden zu ermutigen, eine Emotionsregulierungsstrategie anzuwenden, die er nicht beherrscht, kann die Verfassung ebenfalls beeinträchtigen.
Was sind Anzeichen für toxische Positivität?
Mögliche Anzeichen für toxische Positivität sind:
– Verleugnung aller negativen Gefühle
– Entwertung natürlicher Emotionen
– Schuldgefühle über Gefühle
– Unfähigkeit, die emotionalen Erfahrungen anderer Menschen zu respektieren
– Emotionale Beschämung/Entwertung von anderen
Ist der Begriff der toxischen Positivität umstritten?
Der Mensch hat sich so entwickelt, dass er auf negative Signale wie Bedrohungen oder Herausforderungen empfindlicher reagiert als auf positive Signale wie Belohnungen und Erfolge; dies wird als Negativitätsverzerrung bezeichnet. Ein proaktiver Ausgleich der negativen Tendenz durch positives Denken ist Teil einer gesunden psychologischen Funktionsweise. Untersuchen deuten darauf hin, dass positives Reframing, d. h. die Fähigkeit, Negatives in Positives umzuwandeln, oft ein wirksames Mittel ist, um Ängste abzubauen und die Stimmung zu verbessern. Daher sind einige der Meinung, dass Menschen vorsichtig sein sollten, wenn es darum geht, ihre Positivität zu zügeln.
Wie können Emotionen verarbeitet werden?
Menschen, die Positivität ausstrahlen und Negativität ignorieren, meinen es oft gut. Sie denken vielleicht, dass sie Ermutigung und Unterstützung anbieten oder sie wissen nicht, was sie in einem schwierigen Gespräch sagen sollen, und sagen am Ende das Falsche.
Auch wenn toxische Positivität nicht grds. feindselig gemeint sein muss, kann sie dennoch unproduktiv und verletzend sein. Das kann Menschen davon abhalten, sich in Zukunft zu öffnen und ihre Probleme mitzuteilen.
Beziehungen beruhen auf Verletzlichkeit, Vertrauen und Authentizität. Es ist wichtig zu wissen, wie man die emotionalen Erfahrungen anderer Menschen anerkennt und unterstützt.
Menschen, die Positivität ausstrahlen und Negativität ignorieren, meinen es oft gut. Sie denken vielleicht, dass sie Ermutigung und Unterstützung anbieten oder sie wissen nicht, was sie in einem schwierigen Gespräch sagen sollen, und sagen am Ende das Falsche.
Wie vermeide ich toxische Positivität?
Um toxische Positivität zu vermeiden, solltest du versuchen, negative Emotionen anzuerkennen, zu akzeptieren und neu zu formulieren. Sage zum Beispiel statt „Denke positiv“ so etwas wie: „Ich kann mich in deine Lage hineinversetzen. Wie kann ich helfen?“
Fühlst du dich zum Beispiel schuldig oder schämst du dich für bestimmte Gefühle? Vermeidest du Konflikte um jeden Preis? Fehlt dir das Vertrauen in deine Fähigkeit, Probleme zu lösen? Diese und andere Fragen können die Gründe für diese Tendenzen und die Fähigkeiten, sie zu ändern, ans Licht bringen.
Wie kann ich eigene, schwierige Gefühle verarbeiten?
Gestehe dir deine Gefühle ein. Versuche, sie mit Neugier und Akzeptanz zu erforschen, anstatt sie zu verurteilen. Es kann auch hilfreich sein, deine Erfahrungen aufzuschreiben oder mit einer Person deines Vertrauens zu teilen. Frage dich, woher diese Gefühle kommen und was sie bedeuten. Die Sinnfindung kann Menschen dabei helfen, schwierige Emotionen zu akzeptieren und Resilienz aufzubauen. Auch Bewältigungsstrategien wie Achtsamkeit, Atem- und Meditationsübungen können helfen. Suche dir bei Bedarf Unterstützung bei einer Fachkraft.
Wie kann ich die negativen Emotionen einer Person anerkennen?
Die emotionalen Erfahrungen von Menschen anzuerkennen, zeugt von einer reifen Persönlichkeit und Größe. Wenn jemand mit Problemen zu kämpfen hat, sind Beispiele für validierende und unterstützende Antworten:
– „Es tut mir leid, dass du das durchmachen musst.“
– „Beschreibe, was du fühlst, ich höre dir zu“.
– „Ich kann sehen, dass du gestresst bist. Kann ich dir irgendwie helfen?“
– „Ich bin für dich da, egal was passiert.“
Wie kann ich jemandem helfen, der seine negativen Gefühle verleugnet?
Wenn die toxische Positivität jemanden so stark beeinträchtigt, dass die Realität ausgeblendet wird, solltest du deine Bedenken mitteilen. Äußere, dass du dir Sorgen machst. Zeige auf, dass die positive Einstellung der Person an Verleugnung grenzen könnte. Bereite einige Beispiele vor, damit du konkrete Fälle besprechen und das Verhaltensmuster darlegen kannst. Sei gelassen und ruhig und betone, dass du das Thema ansprichst, weil du dich sorgst.
Du benötigst Unterstützung zu diesem Thema? Dann nutze die Kontaktmöglichkeiten auf dieser Website oder melde dich direkt.
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